
Ronald Stöcker
(°1954, Heimat und Atelier in Essen, Deutschland)Schöpferische Transformation und die Loslösung von der Referentialität
Für mich hat sich die Form der fotografischen Arbeiten in den letzten Jahren ganz deutlich in Richtung von Abstraktion mit anschließender Neuordnung der Inhalte entwickelt. Die bewusste Loslösung vom Diktat einer Referentialität, wie sie seit Barthes zur, wie ich meine, unnötigen Fessel der Fotografie geworden ist, erscheint mir nur durch konsequente Umgestaltung vorgefundener Objektwelten zu gelingen. Transformation auf einzelnen oder allen Bildebenen als Methode der schöpferischen Konstruktivität ist notwendig, allen Versuchen zu trotzen, Wirklichkeit und Zeitgeist zu recyceln. Das reine Abbild kann nie eine künstlerische Eigenständigkeit und der Fotograf darin nie seine Individualität entfalten. Statt dessen versuche ich neue Realitäten entstehen, Bilder sich entwickeln zu lassen, die nie Abbilder waren.
Fotografisches Arbeiten bedeutet für mich daher immer den Versuch, Grenzen herkömmlicher Darstellung auszuloten und wenn möglich zu überschreiten. In der Bildhaftigkeit stehen für mich streng graphische und konstruktive Elemente in der Bedeutung weit oben auf der Liste kompositorischer Ansätze. Als Hilfsmittel und Handwerkszeug sind mir alle Gerätschaften und Techniken willkommen, die zweckdienlich und für mich beherrschbar sind. Für mich macht eine Differenzierung zwischen analogen und digitalen Bildsystemen keinen Sinn. Bildbearbeitung auf analoger wie digitaler Ebene ist eine zwingend notwendige Voraussetzung für jeden erfolgversprechenden Ansatz der schöpferischen Transformation. Gezielte Individualisierung und Verifizierung einer Fotografie als unabhängiges Element einer neuen Realität
Dabei ist der Transformationsprozess für mich extrem emotional. Es geht dabei um eine Art Geburtsvorgang. Hier fließen enorm viele Wünsche, Träume, Vorlieben und Abneigungen in den Prozess ein. Manchmal ist im fertigen Print mehr von mir als vom ursprünglichen Objekt enthalten. Ein Betrachter kann sehr viel über mich und von sich selbst aus diesen Arbeiten erfahren.
R.S.